Am Sonntag fand zum 20. Mal das große Fest von Leipzig. Courage Zeigen statt. Auch wir durften uns und unsere Arbeit auf der „Straße der Demokratie“ vorstellen und das Festival inhaltlich mit einem Redebeitrag unterstützen. Für alle, die nicht vor Ort waren, sind hier ein paar Eindrücke des Tages sowie unsere Rede im Wortlaut:
„Wir vom NIR – dem Netzwerk gegen Islamfeindlichkeit und Rassismus Leipzig e.V. – freuen uns, auch dieses Jahr Teil des Courage-Festivals zu sein und unseren Verein auf der ‚Straße der Demokratie‘ mit vielen anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen, Initiativen und Vereinen vorzustellen.
Wir als NIR setzen uns gegen Diskriminierung von Muslim_innen und für Menschen ein, die aufgrund ihrer tatsächlichen oder bloß angenommenen Zugehörigkeit zur islamischen Glaubensgemeinschaft von Ausgrenzungen und Gewalt bedroht sind.
Leider mussten wir beobachten, dass Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus mittlerweile in der deutschen Politik eine feste Etablierung erfahren haben. Auf ihrem jüngsten Parteitag beschloss die rechtsradikale AfD ihr durch und durch menschenfeindliches Wahlprogramm, in dem unter der Überschrift ‚Der Islam im Konflikt mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung‘ dem antimuslimischen Rassismus gleich mehrere Seiten gewidmet sind.
Die AfD behauptet aber nicht allein, dass der Islam und folglich gläubige Muslim_innen nicht zu Deutschland gehörten. Auch zeigt sich dies nicht zuletzt in der Debatte über eine vermeintliche deutsche Leitkultur, wie sie heute Innenminister Thomas de Maizière in einem Interview erneut anstoßen will.
Aber auch in sich selbst als emanzipatorisch und aufgeschlossen verstehenden Kreisen ist Islamfeindlichkeit leider weit verbreitet.
Zur antirassistischen Arbeit gehört aber immer – und zu allererst – auch die Selbstreflektion und das Hinterfragen eigener Vorurteile. Den Traum Leipzigs als einer ‚weltoffenen Stadt der Vielfalt‘ wollen wir vom NIR verwirklichen. Doch dieses Ziel ist noch lange nicht erreicht.
In Zeiten, in denen selbst die rassistische Pegida für ‚Zivilcourage – gemeint ist dort freilich Selbstjustiz – einsetzt, müssen wir stets wachsam sein und diesen Begriff täglich mit Leben füllen, um ihn nicht vollends zu entwerten.
Wir müssen uns auch kritisch fragen lassen, ob Aktionsformen wie das Courage-Fest oder andere Veranstaltungen dieses Formats in diesen Zeiten noch zeitgemäß sind. Ob der logistische und finanzielle Aufwand für dieses Bekenntnis zur offenen Gesellschaft an nur einem Tag im Jahr im Zentrum der Stadt gerechtfertigt ist. Und ob die vorhandenen Ressourcen eventuell durch eine breitere Ausschüttung an die verschiedenen engagierten Gruppen hier auf dem Platz eine zielführendere Investition darstellt.
Aber abseits dieser Fragen bleibt unsere wichtigste Ressource die Solidarität. Und Solidarität ist immer dann gefragt, wenn wir selbst nicht direkt betroffen sind.
Daher fordern wir von uns allen mehr als bloß duldende Toleranz gegenüber Minderheiten ein: In einer freien und pluralen Gesellschaft, die wir anstreben, gilt es Vielfalt und Unterschiedlichkeiten nicht nur zu ertragen, sondern zu begrüßen und zu fördern! Deshalb stehen wir ein, gegen jede Ausprägung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, gegen Antisemitismus, jeglichen Rassismus und Homo- und Transphobien!
Wir wünschen uns und euch allen ein schönes Fest und erfolgreiche Kämpfe für ein weltoffenes Leipzig.“