Für Aufklärung braucht es Informationen

Nachbereitung zur Podiumsdiskussion „Islamismus – ist das noch Halal?“ vom 06. Februar 2019

Wir vom NIR möchten uns noch einmal ausdrücklich bei den Veranstalter_innen von „Islamismus – ist das noch Halal?“, der Linksjugend Leipzig, dem linXXnet und natürlich dem WERK2-Kulturfabrik bedanken. Die Podiumsdiskussion hat einmal mehr gezeigt, wie notwendig die Debatte um islamische Religionsvielfalt und den politischen Missbrauch dieser ist. Wir hoffen, dass die Veranstaltung der Anfang einer fruchtbaren Diskussion ist, an welcher wir uns gerne auch zukünftig beteiligen werden.

Was für uns die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema recht schwierig gestaltet, ist die Erkenntnis, dass verschiedene Begriffe mit unterschiedlichen Konnotationen gebraucht werden. Wenn sich allerdings die elementaren Konzepte – von Begriffen, wie „links“, „Rassismus“, „Kultur“ oder gar „Religionskritik“ und „Religionsfreiheit“ – so grundlegend unterscheiden, wird es für alle Beteiligten sehr schwierig werden, auf einer gemeinsamen Basis lösungsorientiert zusammenzuarbeiten.

Dabei möchten wir vom Netzwerk gegen Islamfeindlichkeit und Rassismus Leipzig e.V. einmal ausdrücklich betonen, dass der Begriff „Rassismus“ sehr wohl (zumindest im akademischen Kontext) eine relativ klare Definition hat. Auch der bei der Diskussion in den Raum geworfene, marxistische Definitionsansatz weicht davon kaum ab. Vielleicht wäre es für diesen Kontext wichtiger, die vorhandenen Definitionen zu nutzen, um sich selbst immer kritisch zu hinterfragen: „Inwieweit weisen mein eigenes Denken und Handeln diese rassistischen Tendenzen auf und wie kann ich dem Abhilfe verschaffen?“

Screenshot Podiumsdiskussion YouTube
Aufzeichnung der Podiumsdiskussion „Islamismus – ist das noch Halal?“ am 06.02.2019 im Werk2

Was wir in diesem Zusammenhang ebenfalls kritisch bemerkt haben, ist der teilweise sehr undifferenzierte Umgang mit den verschiedenen, für die Debatte relevanten Konzepten „Religion“, „Islam“ und „Islamismus“. Auch wenn immer wieder konkret auf den Unterschied besonders von Islam und Islamismus hingewiesen wurde, so wurden diese Begriffe doch häufig – implizit wie explizit – synonym miteinander verwendet.

Niemand behauptet, der politische Missbrauch des Islam wäre losgelöst von der Religion. Aber immer wieder zu betonen, dass gesellschaftliche Normen islamistischer Systeme per se mit der islamischen Religion zu begründen wären, missachtet nicht nur die für eine zielführende Debatte notwendige Differenzierung einzelner Phänomene. Auch zeigt sich hier das Fehlen des notwendiges Feingefühls gegenüber marginalisierten Bevölkerungsgruppen, denen qua ihrer Religionszugehörigkeit bestimmte Einstellungen und Verhaltensweisen unterstellt werden. Ob das individuell tatsächlich der Fall ist, spielt dabei keine Rolle mehr.

Auch können wir die Frage, ob „der Islam“ eine „normale“ Religion wäre, nicht guten Gewissens im Raum stehen lassen. Zum einen fehlt hier jegliche Erklärung, was genau eine Religion denn „normal“ sein lässt. Bei den vielen unterschiedlichen Religionen und Konfessionen, die es auf der Erde gibt, wird es doch recht schwierig, strukturell und inhaltlich eine Normalität zu definieren ohne eine Glaubensgemeinschaft damit als abnormal zu deklarieren. Natürlich gibt es Definitionen dazu, was genau eine Religion als solche strukturell ausmacht. Aber wenn wir diese als Grundlage für die genannte Frage hinnehmen, wird die Frage an sich schon als wenig substanziell offenbart.

Zum anderen empfinden wir es als Affront, dass muslimischen Glaubensgemeinschaften auf Grundlage einer unhaltbaren Vermischung von Mythos und Religion sowie einem unreflektierten und methodisch unsauberen historischen Vergleich abgesprochen wurde, den anderen in Deutschland vertretenen Religionen gleichwertig und -berechtigt zu sein.

Ebenfalls skandalös fanden wir nicht nur, dass Muslim_innen die Religionsfreiheit abgesprochen wurde. Auch die implizite und rein atheistisch geprägte Auffassung des demokratischen Grundwertes der Religionsfreiheit als „Freiheit von Religion“ empfinden wir als zutiefst fragwürdig. Wie solch eine grundgesetzwidrige Anschauung mit dem immer wieder selbst propagierten Streben nach dem Glück des Einzelnen vereinbar ist, bleibt uns ein Rätsel.

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