Unser multiperspektivischer Bericht vom Demotag am 21.01.2015

Wir vom NIR waren am 21.01.2015 wieder gegen LEGIDA auf der Straße. Was wir erlebten ist hier in Kurzberichten einzelner NIRis wiedergegeben:

Benedikt

Leider konnte ich an der Demo selbst nicht teilnehmen, jedoch verfolgte ich die Ereignisse multimedial mithilfe von Livetickern und dem wahnwitzigen Livestream von Russia Today vom Schreibtisch aus. Ich war geschockt, als die News mit den Übergriffen gegen Journalistinnen und der untätigen Polizei über die Ticker flirrten, auch schockten mich die Ausschreitungen beim Hauptbahnhof. Wozu, fragte ich mich ständig, laufen da eigentlich in der Innenstadt 4000+ Polizistinnen herum? Ein völlig unverständliches Kopfschütteln hinterließ bei mir die abschließende Schätzung von 15 000 Legiden, die ich anhand der zahlreichen Luftbilder und des Internetstreams beileibe nicht ausmachen konnte — dies hat sich ja mittlerweile als Ente erwiesen. Der grausige Stream führte schließlich dazu, dass ich mir die wirre „Rede“ von Jörg Hoyer antat (es ärgert mich zugleich, einen Klick für die Legiden und ihren Mist produziert zu haben): Es war absurd, seine akustische und stilistische „Führer-Rhetorik“ war gruselig und sein Redeinhalt gruselig sinnentleert: Außer wütenden Parolen gegen diverse Stadtpolitikerinnen und einem viel beklatschten Wutausbruch gegen die GEZ konnte ich beim besten Willen keine Forderungen oder Agenda erkennen. Das Thema Islam schnitt er indes mit einer höchst absurden Bemerkung: „Die allermeisten Muslime sind prächtige Menschen. Nur Skat spielen können sie nicht, aber das bringen wir ihnen auch noch bei.“ Was will Hoyer, was will LEGIDA uns mit diesem Unfug sagen? Ich hab ja nichts gegen Muslime, aber… ? Dass der Islam ein Hindernis beim Skatspielen darstellt? Den kaum auszuhaltenden Livestream stellte ich schließlich entnervt ab, aber was ich gesehen habe, reichte um zu belegen, was das NIR immer gesagt hat: Bei LEGIDA laufen nicht besorgte Bürgerinnen herum, sondern stramme, aggressive und gewaltbereite Nazis…

Flo

Leipzig glich am 21.01. mehr einen Flughafen, als einer weltoffenen Stadt. Bereits am frühen Nachmittag wurden Personen von der Polizei kontrolliert, die in die Innenstadt wollten. Hinzu kam das Inkaufnehmen von riesigen Umwegen zu Kundgebungen. Die Kundgebung von den Grünen war nicht ohne weiteres zugänglich: Eine Polizei-Eskorte versperrte den Weg und erweckte den Eindruck, dass hier kein Durchkommen möglich wäre. Erst der direkte Hinweis eines Kundgebungsanmelders, dass die Interessierten explizit den Beamten sagen mussten, man wolle zur Kundgebung, ermöglichte einen Zugang – nach Kontrollen der Taschen.
Die Polizei ging mitunter unverhältnismäßig hart gegen Demonstranten vor, die versuchten auf die Strecke zu gelangen. Ein Demonstrant wurde mit dem Schlagstock regelrecht verprügelt.
Es scheint ein wenig zu beruhigen, dass am Mittwoch nicht mehr Teilnehmer_innen bei der LEGIDA-Veranstaltung waren als die Woche zuvor. Dennoch war der Anteil der gewaltbereiten LEGIDA-Anhänger beängstigend.

Daniela

Um 16:00 Uhr war die Südvorstadt zur Innenstadt hin abgeriegelt durch Wagenketten und Polizisten. Viele Leute irrten, genauso wie wir von einer Polizeiabsperrung zur nächsten, bei der die Uniformierten uns dann auch hilfreich zur übernächsten weiterempfahlen, usw.. So wurden wir quasi auf dem Johannisplatz bei der „Courage zeigen“-Bühne angeschwemmt.
Gerade überlegte ich noch wie ich von der Bühne aus durch die Menschenmenge zur Absperrung vor dem Augustusplatz gelangen könnte, um einen Blick auf LEGIDA zu werfen, da hatte ich schon eine Ordnerbinde um, und konnte bequem über den Fluchtweg nach vorne „spazieren“. Die Leipziger Uni hatte ca. 5000 LEGIDA-Freaks gezählt. Das Polizeiaufgebot war immens und als LEGIDA auf dem Hin- und Rückweg ihres verkürzten Marsches an uns vorbei kamen, stellten sich die Uniformierten in Kampfmontur mit dem Gesicht zu uns auf. Wer schützt hier wen und vor was eigentlich?
Ich fand, dass dieses Mal von der Bühne aus skandiert werden müsse, wenn LEGIDA vorbeimarschiert. Also hüpfte ich vor dem DGB-Chef, der das Mikro in der Hand hielt, auf und ab und rief ihm „Nazis raus!“ zu. Es bedurfte noch zwei Weiterer, die ihn dazu animierten, bis er es anstimmte.
Und am Ende tanzten (fast) alle zu Brockdorff Klang Labor.

Flo

Nach 1,5 Stunden Fußweg aus Connewitz (alle öffentlichen Verkehrsmittel fielen aus) und etlichen Abweisungen an Polizeisperren kam ich auf dem Kundgebungsgelände von „Courage Zeigen“ an. Eigentlich wollte ich ja zur angemeldeten Veranstaltung auf den Nikolaikirchhof, doch der Zugang wurde durch Polizei blockiert, ich hätte mitten durch die anreisenden LEGIDA-Hooligans durch den Hauptbahnhof zu einer winzigen Schleuse gemusst, das war mir zu gefährlich! Die „Courage“-Kundgebung war sehr gut besucht, das Bühnenprogramm bot Redebeiträge, Ballet- und Musikdarbietungen, insbesondere Islamfeindlichkeit und Rassismus wurden hier klar und deutlich verurteilt, das hat mich sehr gefreut. Von der Bühne wurden laute Sprechchöre („Nazis raus!“, „Refugees are welcome here!“, usw.) angestimmt, als LEGIDA vorbeimarschierte, das haben die Legidist_innen nicht ignorieren können! Auch der Heimweg wurde wieder durch massives Polizeiaufgebot verzögert, glücklicherweise begegnete ich aber keinen gewaltbereiten LEGIDA-Grüppchen, gegen die die Polizei keinen Schutz bot, wie ich es von vielen anderen Gegendemonstrierenden gehört habe.

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